Gestern ging eine intensive Woche bei meinen Verwandten in der Südsteiermark zu Ende. Es war höchst anregend für mich, meine Tanten und vielen Cousinen samt ihren eigenen Kindern und Kindeskindern wieder einmal zu sehen und alte Verbindungen und Erinnerungen wieder aufleben zu lassen.

Nebst vielem Essen und Trinken stand bei den zahlreichen Zusammenkommen in grosser Runde vor allem eins im Mittelpunkt: das DISCHGRIERN (oder DISCHGRIAN).

Was bedeutet DISCHGRIERN?

Im Internet lässt sich zum Verb dischgriern kaum etwas finden, auch keine passende Übersetzung ins Hochdeutsch.

Grob lässt sich das Verb meines Erachtens mit ‚zusammen sprechen‘ übersetzen. Allerdings schwingt bei diesem Wort noch viel mehr mit, in etwa:

(Meist in etwas erhöhter Lautstärke) disputieren, diskutieren, lamentieren, angeregt plaudern, Neuigkeiten erörtern, tratschen, die Welt aussortieren und wieder neu zusammensetzen.

Das Bild eines Stammtisches, bei dem alle abwechselnd – und oft gleichzeitig – ihre Meinung zum Besten geben, beschreibt recht gut, worum es beim Dischgriern geht.

 

Auseinanderlaufende Meinungen, sich ausbreitende Gerüchte

Bayrisch habe ich schon immer als sehr ähnlich, ja nahezu übereinstimmend mit dem steirischen Akzent meiner Verwandten empfunden. Es überraschte mich also wenig, auf der Suche nach dem Wort dischgriern bei einem bayrischen Beitrag zu landen:

In diesem Forum wird – stilecht in Dialekt – die bayrische Übersetzung von Menüpunkten einer Wikipedia-Seite besprochen. Zuunterst findest du den Austausch zum Menüpunkt “Diskussion” – oder eben DISCHGRIAN (siehe ganz unten „dischgrian“ statt „bschprecha“).

Ein Nutzer verweist darin darauf, dass dischgriern eine Form von diskurrieren (‘erörtern, lebhaft verhandeln’) sei. Gemäss Digitalem Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) ist letzteres wiederum vom lateinischen discurrere abgeleitet, was ‘auseinanderlaufen, sich ausbreiten’ bedeutet.

Dies passt meines Erachtens hervorragend zu den verschiedenen Meinungen, die beim Dischgriern weit auseinandergehen können, und ebenso zu den Gerüchten, die dabei entstehen und sich unaufhaltsam ausbreiten…

 

Steirisch und bayrisch

Im gleichen Forum schreibt ein anderer Nutzer:

Es Wort dischgriern gits à in de nordboarischn Dialekte. Mir sölwer gfòllt des besser wej bschprecha, wos i in der Form niat amòl firs Boarische kenn. Es oafache boarische driwer reen finnad i à niat umbedingt schlecht, wenn d Lait in Esterreich es Wort dischgriern vülleicht niat so kenna. (1)

Ihm kann ich sagen: Die Österreicher kennen das Wort dischgriern sehr gut. Jedenfalls meine Verwandten in der Steiermark.

Und: Sie kennen nicht nur das Wort – sie sind auch wahre Meister im Dischgriern!

 

 

(1) Übersetzung: “Das Wort dischgriern gibt es auch in den nordbayrischen Dialekten. Mir selber gefällt es besser als bschprecha {besprechen}, das ich in dieser Form nicht einmal für das Bayrische kenne. Das einfache bayrische driwer reen {drüber reden} fände ich auch nicht unbedingt schlecht, wenn die Leute in Österreich das Wort dischgriern vielleicht nicht so kennen.”

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